
Sachsen-Anhalt
Tausende Radler strampeln jedes Jahr den Saaleradweg entlang, oft auf nur kurzen Etappen am Wochenende. Andere scheuen sich nicht, die rund 409 Kilometer lange Route in ihrer gesamten Ausdehnung anzugehen. Aber es gibt einen weiteren Typus des Radwegbenutzers: Wanderer.

Ein Beitrag von
Wolfgang Zerfass
Als ich mit meiner Freundin während der Corona-Pandemie den Plan ins Auge fasste, die Saale von der Quelle bis zur Mündung entlangzuwandern, glaubten wir nicht wirklich, das Ziel jemals zu erreichen. Mit teilweise langen Unterbrechungen bei unserer Wanderung ist nun nach drei Jahren der größte Teil der Strecke bewältigt – meist per pedes, einige Male auch per Kanu, immer aber mit eigener Muskelkraft. Ein Fahrrad, wie man vielleicht vermuten würde, hatten wir bisher auf keiner Etappe bestiegen.
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Gute Infrastruktur, landschaftliche Schönheit und Servicequalität
Sportliche Herausforderungen wollten wir uns nicht aufbürden, sondern einfach alle Gegenden des Saaletals kennenlernen, die Natur und die Tage genießen – im Fußgängertempo und nicht durchs Fahrradfahren abgelenkt. Schließlich gilt der Saaleradweg als einer der reizvollsten und abwechslungsreichsten Flussradwege in Deutschland. Erst im Januar wurde der Weg auf einer Tourismusmesse vom ADFC mit drei von fünf Sternen prämiert und zählt nun offiziell zu den Qualitätsradrouten Deutschlands. Die Ehrung würdigt die gute Infrastruktur, die landschaftliche Schönheit und die Servicequalität seitens der Anlieger. Wir verlegten unsere ersten Tagesmärsche ganz in die heimische Gegend zwischen Halle und Barby. Die Mündung der Saale in die Elbe war eines der frühen Ziele dieses Langzeitvorhabens – inklusive der Besichtigung des Ringheiligtums Pömmelte. Etwas Besonderes abseits des Weges sollte bei diesen Gelegenheiten so oft wie möglich mit in Augenschein genommen werden.
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Paddeltouren auf den Saaletalsperren und lauschige Rast- und Badeplätze
Logistisch war die Wanderung immer wieder eine Herausforderung. Mit zwei Autos haben wir den Zielpunkt der Etappe angesteuert, eines abgestellt, mit dem anderen ging es weiter zum Ausgangspunkt. Nach der Tour, bei der meist Proviant und Picknickdecke im Rucksack waren, stiegen wir ins Auto, um das zweite Fahrzeug wieder einzusammeln. Dass das auch schief gehen kann, mussten wir zwischen Salzmünde und Wettin erleben. Der Autoschlüssel des zweiten Fahrzeugs blieb versehentlich im ersten Auto liegen. Wir mussten den rund sieben Kilometer langen Weg an dem Wochentag gleich zweimal absolvieren.
Doch auf diesem wie auf den meisten anderen Abschnitten des Radweges sind wir mit den schönsten Natureindrücken belohnt worden. Solche Höhepunkte waren zum Beispiel der Besuch der 707 Meter hoch gelegenen Saalequelle nahe Zell im bayerischen Fichtelgebirge, die Paddeltouren auf den thüringischen Saaletalsperren sowie flussabwärts vor Bad Kösen und auch die vielen lauschigen Rast- und Badeplätze in der fränkischen Gegend ebenso wie im Anhaltischen zwischen Rothenburg und Plötzkau. Hier besuchte uns eine Hirschkuh während der Mittagsruhe im Dickicht – eine beinahe apostolische Begegnung, so schien es uns. Manches ist erst zu entdecken, kehrt man dem Radweg den Rücken und orientiert sich mit Google Maps auf eigene Faust in Feld und Flur.
Deutlich bequemer sind An- und Abreise zu den Etappen zwischen Halle und Saalfeld, wo die Regionalzüge der Bahn zu Hin- oder Rückfahrt einladen und eine Etappe zu Fuß bewältigt wird. Die Haltepunkte der Bahn liegen in der Regel sechs bis zwölf Kilometer voneinander entfernt, so dass man pro Tag ein oder zwei Stationen wandern kann und alles andere der Deutschen Bahn überlässt. Für das südliche Thüringen und Bayern sollte man dagegen Übernachtungen einplanen und ein Shuttle bzw. Taxi für An- oder Abfahrt organisieren.
Wir zwei Wanderfreunde sind guter Dinge, die ausstehenden 60 Kilometer des Saaleradwegs zwischen Schwarza und Porstendorf in Thüringen noch in diesem Jahr zu laufen. Aber sollte man dieses Vergnügen tatsächlich so bald beenden? Bei diesem Genussprojekt ist doch der Weg das Ziel.
Oder sind Sie anderer Meinung?