
Wittenberg
Von der Schnapsidee zur Herzensangelegenheit: Thomas Weiß sammelt Kronkorken in Ruhlsdorf für ein Kinderhospiz. Wie eine kleine Idee Großes bewirken kann.
Ein Jahrzehnt des Sammelns
Doch viel nachhaltiger war die Tatsache, dass die Zehn-Mann-Gruppe samt Familie, Bekannten, Nachbarn, Freunden sowie dem Dartverein vom Sammelfieber gepackt waren. Der Strom an Kronkorken ließ einfach nicht nach. Immer wieder wurden kleinere oder größere Mengen an Kronkorken vorbeigebracht. Über die Jahre füllten sich so etwas mehr als fünf Abfalltonnen bis zum Rand. „Wir haben immer gedacht, das könnte man doch vielleicht für einen guten Zweck nutzen“, sagt Patrizia Heisgen.
Im wenige Kilometer entfernten Jessen hatte Thomas Weiß mit einer ähnlichen Sammlung angefangen. Ihn beschäftigte der Wunsch, sich für einen guten Zweck zu engagieren. Irgendwann stieß er bei Facebook auf die Seite Kronkorken fürs Kinderhospiz Tambach-Dietharz e.V.

Gut festzurren! Thomas Weiß (r.) sichert die wertvolle Fracht für den Transport nach Thüringen.
Dieser Verein wurde von Michael Senz 2017 gegründet. „Es begann mit einer Wette bei einem Bierchen unter Freunden“, so der Thüringer. Wer als Erster einen 20-Liter-Eimer mit Kronkorken füllt, sollte einen Kasten Bier erhalten. Zum Bedauern der Teilnehmer ergab die Abgabe beim Schrottplatz einen herben finanziellen Dämpfer. „Da es für Bier nicht reichte, wollten wir das Geld an das Kinderhospiz spenden“, so Senz, der erkannte, dass dort jeder Cent gebraucht und wirklich sinnvoll eingesetzt wird.
Damit war die Initialzündung für ein einzigartiges ehrenamtliches Engagement gegeben. Das Projekt läuft unter dem Motto „Stark für todkranke Kinder“ und nahm schnell an Fahrt auf. Innerhalb weniger Jahre entstanden deutschlandübergreifende Kooperationen und Netzwerke.
Mittlerweile werden in über 200 Sammelstellen in Deutschland, Polen, der Schweiz, Österreich und Tschechien Kronkorken gesammelt und durch ehrenamtliche Helfer vor Ort abgeholt. „Kronkorken sammeln kann jeder. Damit ist kein Aufwand verbunden und es tut niemandem finanziell weh“, erläutert der 43-jährige Gründer den Erfolg seiner Aktion. Und fügt an, dass diese Kronkorken keine Straße oder Wiese verschmutzen.
Ansprechpartner vor Ort
All dies überzeugte Thomas Weiß, diesen Verein zu unterstützen „Ich glaube, jeder, der Kinder hat, kann das nachempfinden“, so der ehemalige Jessener, der mittlerweile in Coburg wohnt. Sich aber aufgrund seiner Verbundenheit und regelmäßigen Anwesenheit in der alten Heimat bereiterklärt hat, in beiden Städten als Ansprechpartner zu fungieren. „Ich bringe auch gerne Behältnisse zum Sammeln vorbei und hole sie auch ab“, so Weiß. Die Menge sollte bei mindestens 5 Litern bzw. Kilogramm liegen. Mit dieser Gewichtsklasse können die Ruhlsdorfer locker mithalten. Wie eine spätere Messung ergibt, haben sie rund 700 Kilogramm Kronkorken gesammelt. Eins steht für die Ruhlsdorfer fest: Endlich haben sie einen guten Zweck gefunden, für den sie ab sofort noch viel lieber sammeln werden.

Mitglieder des „Kronkorken fürs Kinderhospiz Tambach-Dietharz e.V.“ überreichen Thomas Weiß (r.) fünf Tonnen Kronkorken.
Kronkorken fürs Kinderhospiz Tambach-Dietharz e.V.
Gründer des Vereins ist Michael Senz, der zusammen mit Annett Richter dafür sorgt, dass das Geld von den gesponsorten Kronkorken eins zu eins im Hospiz ankommen.
Angenommen werden: Kronkorken, Blechdeckel, alle Formen von Flaschendeckel aus Metall (etwa Weinflaschen) sowie die Bügel von Sektflaschen.
Nicht angenommen werden: Dosen, Teelichter, Tierfutterschalen oder Tierfuttertüten.
Ansprechpartner für Jessen:
Thomas Weiß unter Telefon 0160/ 5 63 73 04
Während des Gespräches sortiert der Kraftwagenfahrer – seinem Job geht er in der Nacht nach, um sich tagsüber seinem Ehrenamt widmen zu können – hörbar Kronkorken für die nächste Großabgabe. Er hat Kooperationen mit Schrottplätzen getroffen, die ihm die Kronkorken zu besonders guten Konditionen abnehmen. Die letzte Abgabe von 40 Tonnen brachte für das Kinderhospiz rund 10.500 Euro ein.

Ein Beitrag von
Annette Schmidt
Manchmal sind es die Schnapsideen, die aus einer Bierlaune heraus Hoffnung schenken. Wenn diese Ideen verschiedene Menschen gleichzeitig haben, die obendrein viel Geduld mitbringen – so ungefähr ein Jahrzehnt – dann kann aus etwas so Unscheinbarem wie einem Kronkorken etwas sehr Gutes entstehen.
Eine solche Geschichte ist in Ruhlsdorf und Umgebung geschehen. 2014 entschied der selbst ernannte „Rat der Sonntagsjünger“ bei einem ihrer gemütlichen Frühschoppenrunden, dass die unweigerlich anfallenden Bierdeckel doch zu etwas Nütze sein müssten. „Wir dachten uns, damit könnten wir vielleicht eine Kiste Bier zusammensparen“, erinnert sich Dirk Kehling an den Anfang einer außergewöhnlichen Sammelaktion. „Wir haben etwas mehr als neun Euro bei der Schrottabgabe bekommen“, die in zwei Kästen Bier investiert wurden.

Damit alle Kronkorken mitgenommen werden können, werden sie umgefüllt.