
Harz
Nach Angaben des Modellbahnverbandes beschäftigen sich in Deutschland rund 500.000 Menschen mit der Modelleisenbahn. In Sachsen-Anhalt sind es etwa 13.000 Personen sowie acht beim Modellbahnverband registrierte Vereine.

Ein Beitrag von
Denis Siebert
Der MEC „Harzquer- und Brockenbahn” Wernigerode e.V. wurde 1954 als Arbeitsgemeinschaft des „Hauses der Jugend” Wernigerode mit einer Handvoll Mitgliedern gegründet, 2025 sind es 27 Modellbahner im Alter von 9 bis 71. Am 1. Februar 1965 erhielt der Verein den „Auftrag des Bezirksvorstands Magdeburg des DMV zum Bau der ersten Harzquerbahnanlage für Wanderausstellungen mit Abbildung des Hauptbahnhofs Wernigerode bis Steinerne Renne, die den gesamten Stadtkern von Wernigerode zeigt”. Auf originalgetreu gefertigte Fahrzeuge und Zubehör in Spur H0m (Maßstab 1:87) konnte man damals nicht zurückgreifen. „Die Spurweite bei H0m beträgt 12 Millimeter und entspricht der Spurweite von TT. Dadurch erreichen wir in der Nenngröße H0 eine Schmalspurbahn mit 1000 Millimeter Spurweite im Original“, erläutert der Vereinsvorsitzende Norbert Jakobasch. „Für die Gleise wurden damals Produkte der Firma Zeuke und Wegwerth in TT verwendet. Bei den Fahrzeugen kamen Lokomotiven und Wagen der Firma Herr zum Einsatz, die den Fahrzeugen der sächsischen Schmalspurbahnen entsprachen, aber auf TT-Gleisen fuhren. Alle Gebäude waren Eigenbauten, bei der Geländegestaltung wurden handelsübliche Materialien verwendet.“ Federführend waren Fritz Seeger und Karl-Heinz (Eicke) Eigendorf. Das Material gab es im „gut sortierten“ Einzelhandel: Fritz Seeger hatte einen Modellbahnladen in Wernigerode und gute Verbindungen zu den Herstellern.

Blick auf den Eselskrug mit Tankstelle auf der ersten, nicht mehr vorhandenen, Anlage. Zu sehen waren die Jahre 1960 bis 1965. Foto: MEC „Harzquer- und Brockenbahn” Wernigerode e. V.
Vom 3. bis 31. Oktober 1966 wurde die Anlage auf der 13. Internationalen Modellbahnausstellung in Budapest präsentiert. „Für unseren Club war dies der erste internationale Auftritt überhaupt außerhalb des Kreiskulturhauses Wernigerode. Die Resonanz war sehr groß. Sogar der damalige ungarische Verkehrsminister stattete unserer Anlage einen Besuch ab“, erinnert sich Norbert Jakobasch. „Der Transport war abenteuerlich. Heute mietet man einen Transporter und los geht’s.“ Damals hieß das Zauberwort „Bahnverladung“. Die Anlagenteile wurden in Kisten verpackt, zum Bahnhof transportiert, in einen geschlossenen Güterwagen verladen und gesichert. Dann ging es mit dem Güterzug über Potsdam, wo noch eine Anlage dazukam, nach Budapest. Dort wurde alles zur Ausstellungshalle transportiert. Die Betreuungsmannschaft fuhr mit dem D-Zug hinterher. Die Anlage kam etwa 1970 wieder nach Wernigerode zurück, war aufgrund unsachgemäßer Lagerung jedoch nicht mehr einsatzbereit und wurde zurückgebaut. In der Vitrine ist nur noch die Feuerwache von Wernigerode als Gebäude zu sehen. Weitere Anlagen wurden gebaut. Der heutige Hingucker des Vereins ist die dritte Harzquerbahnanlage, deren Bau 1988 begann.
Der Brocken als Herausforderung
Der Bau der Brockenkuppe auf der Anlage erfolgte nach der politischen Wende in der DDR. Davor war es unmöglich, den Brocken, der sich in unmittelbarer Nähe der Grenzsicherungsanlagen befand, in irgendeiner Weise darzustellen – auch nicht in Landkarten. Das Risiko, „unangenehm“ aufzufallen, wollte niemand eingehen. Für die Gebäude der Brockenkuppe standen Zeichnungen der Wetterwarte (Schnittzeichnung) und des Brockenbahnhofs (aus dem Transpress-Buch über die Harzquerbahn) zur Verfügung. Für die übrigen, heute nicht mehr vorhandenen Gebäude orientierten sich die Erbauer an alten Postkarten. Die übrigen Gebäude wurden fotografiert.

Brockengarten mit Brockenbebauung.

Bei der Ausstellung in Gerbstedt im April waren bei der dortigen Schülermodellbahn-AG die Module der Kindergruppe zu sehen.
Kinder-Module-Gruppe lädt ein
„Parallel zu unserem Verein gab es in der Gesamtschule Burgbreite schon zu DDR-Zeiten eine Schülerarbeitsgemeinschaft“, sagt Norbert Jakobasch. „Einige kamen zu uns in den Verein. Viele waren parallel im Verein und in der Schul-AG. Durch Corona war die Schul-AG gezwungen, ihre Arbeit vorübergehend einzustellen. Wir als Verein hatten zwar auch Beschränkungen zu beachten, aber nicht so starke wie in der Schule. Die Schüler kamen zu unseren Arbeitsabenden, dazu ein Opa und zwei Väter. Alle wurden Vereinsmitglieder. Da die Zahl der Kinder stieg, wurde es Zeit, die Weichen zu stellen: Die Kinder-Module-Gruppe war geboren. Sie trifft sich mittwochs ab 16 Uhr, in den Ferien kann es Abweichungen geben. Die Erwachsenen treffen sich freitags ab 17 Uhr. Unsere Clubräume befinden sich am Wernigeröder Hauptbahnhof im Nebengebäude mit den Dampfloks auf der Giebelseite. Die Kinder bauen an ihren eigenen Modulen, fahren digital per Handy und haben Spaß.“
BSW - Freizeitgruppe "Harzquer- und Brockenbahn" Wernigerode
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11 Loks und 50 Wagen verkehren auf der heutigen Harzquerbahnanlage
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Anlagenlänge 45 Meter
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6 Bahnhöfe und 3 Haltepunkte um 1979
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Brockenkuppe mit den Gebäuden um 1943/1944, kurz vor der Zerstörung im zweiten Weltkrieg durch die Amerikaner
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Gleislänge 121 Meter, 56 Weichen und 1 Doppelkreuzweiche mit motorischen Antrieben sowie 5 Stellpulte
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Tipp: Advents-Fahrtage am 6. und 7. Dezember 2025 (Samstag 10 bis 18 Uhr und Sonntag 10 bis 17 Uhr) am Bahnsteig 1 im Nebengebäude des Wernigeröder Hauptbahnhofes