
Anhalt-Bitterfeld
Lebensmitteltechnologen haben vielfältige Berufsmöglichkeiten, von der Produktentwicklung bis zur Forschung. Ein Beispiel ist die „Smokey Malt BBQ-Sauce“, die ohne Zusatzstoffe und Aromen auskommt.

Ein Beitrag von
Prof. Dr. Jean Titze
Die Berufsfelder des Lebensmitteltechnologen sind sehr vielfältig: Produktentwickler, Betriebs- und Produktionsleiter, Technischer Außendienst, Regulatory Affairs Management, Betriebsberater, Qualitätsmanagementbeauftragter, Applikateur, Ingenieur für Maschinen- und Anlagenbau, Leiter Qualitätssicherung, Produktmanager und/oder Wissenschaftler. Dem entsprechend gibt es in Firmen auch eine Vielzahl von Einsatzbereichen für Lebensmitteltechnologen.
Das Fachgebiet der Lebensmitteltechnologie lässt sich klar von den Themengebieten der Verfahrenstechnik bzw. Prozesstechnik abgrenzen, welche die allgemeine Theorie der Stoffwandlungsprozesse (z. B. Stoff-, Wärme- oder Impulsübertragung) und die Ausrüstungen zu ihrer Durchführung (z. B. prinzipielle Gestaltung und Bemessung von Apparaten und Maschinen) behandelt.

Die Hauptaufgabe des Lebensmitteltechnologen hingegen ist die fachliche Beurteilung der Matrix Lebensmittel, angefangen von den Rohstoffen über die Zwischenprodukte bis hin zum Endprodukt. Dabei passt er die technologischen Parameter (= externe Einflussfaktoren wie Zeit, Druck, Temperatur, Luftfeuchte, usw.) und den Prozess so an, dass immer das gleiche Endprodukt herauskommt. Vereinfacht gesagt: Während der Techniker beispielsweise über Kennlinien die richtige Pumpe für einen Prozess auswählt, schaut der Lebensmitteltechnologe auf das zu pumpende Medium und kennt die Auswirkungen der Pumpenscherkräfte auf die Matrix des Lebensmittels. Somit ist es Aufgabe des Lebensmitteltechnologen, die optimale Nutzung der in der Regel landwirtschaftlich erzeugten, pflanzlichen Rohstoffe und deren Verarbeitung zu Lebensmitteln oder Lebensmittelzutaten mit hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Dieser Transfer vollzieht sich sowohl mit Hilfe traditioneller Verfahren als auch neuer Prozesse auf Basis moderner technologischer Entwicklung, unter Einbeziehung von ökonomischen und lebensmittelrechtlichen Aspekten.

Eine der wichtigsten Aufgaben, um die Wettbewerbsfähig eines Unternehmens zu erhalten, ist die Produktentwicklung. Hierbei kann eine Produktanfrage des Kunden entweder mittels so genannten BtO- (Briefing-to-Oder) oder in einem ItM-Prozess (Idea-to-Market) bearbeitet werden. Beim BtO-Prozess ist bereits ein vergleichbares Produkt im Portfolio des Unternehmens vorhanden – wie ein passendes Hemd, was in einem Kleidergeschäft auf der Stange hängt. Der Kundenwunsch kann also mit einem bestehenden Prozess und einer Rezeptur ggf. durch leichte Anpassungen / Modifikationen erfüllt werden. Fehlt aber ein vergleichbares Produkt im Firmenportfolio muss dieses im ItM-Prozess neu entwickelt werden (Hemd nach Maß). Hierbei können jetzt zwei Fälle auftreten: Das gewünschte Produkt wird bereits von einem anderen Unternehmen (Mitbewerber) angeboten, oder es handelt sich um ein gänzlich neues Produkt (echte Innovation), das für den Kunden entwickelt werden muss. Im letzteren Fall spricht man auch von einer Marktneuheit, die prinzipiell eine neue Problemlösung dem Kunden anbietet. Ersteres wäre nur eine Betriebs- oder Unternehmensneuheit (Me-Too-/Nachahmerprodukt).
Da das Entwickeln echter Innovationen die meiste Kreativität erfordert, wird diese Disziplin in der studentischen Ausbildung trainiert. Angefangen vom Verstehen globaler Mega-Trends und der Verbraucherbedürfnisse wurde beispielsweise an der Hochschule Anhalt eine neuartige, auf Rauchmalz basierende Grill- und Würzsauce entwickelt. Dabei wurde die Zielgruppe der gesundheitsbewussten und der Traditionalisten mit den folgenden Claims angesprochen:
No added sugar – da die Süße durch den Malzzucker eingebracht wird, No added flavour – da das Rauchgeschmack über das Rauchmalz und nicht durch ein Aroma kommt, No additives – da beispielsweise kein Farbstoff (z. B. E 150/Zucker-couleur) eingesetzt wurde, Vegan, keine säuernden Zutaten und nur halb so viel Salz.
Letztlich entstand das marktreife Produkt „Smokey Malt BBQ-Sauce“, welches dem Trend „Clean Label“ und der Forderung „ohne Aromen und Zusatzstoffe“ gerecht wird und einem Unternehmen der Lebensmittelindustrie neue Marktchancen bietet.
Zum Beitragsautor
Prof. Dr. Jean Titze wurde zum 1. Januar 2016 an die Hochschule Anhalt berufen und übernahm am Fachbereich Angewandte Biowissenschaften und Prozesstechnik die Professur für Lebensmitteltechnologie pflanzlicher Produkte. Anfragen zur Smokey Malt BBQ-Sauce oder anderen Innovationen aus der Wissenschaftsküche können per E-Mail an ihn oder die Hochschule Anhalt gestellt werden.