
Burgenlandkreis
Viele Menschen sehen sich gern die Sonnenauf- und untergänge im Urlaub oder zuhause an. Neben der Schönheit dieser Himmelsereignisse gibt es dazu noch viel mehr Wissenswertes zu erleben. Im Burgenlandkreis, ganz im Süden Sachsen-Anhalts, befinden sich zwei geschichtsträchtige Orte, die einfach Spannung pur bieten.

Ein Beitrag von
Wolf-Eike Mardas
Zwischen den Städten Weißenfels und Naumburg befindet sich das Dorf Markröhlitz. Dessen Ortsteil Goseck ist praktisch über Nacht weltbekannt geworden.
Ein Rückblick: Im Jahr 1991 wurden bei einem Erkundungsflug durch den Luftbildarchäologen Otto Braasch ringförmige Bodenverfärbungen auf einem Feld am nordwestlichen Rand des Ortes festgestellt und von ihm als neues Bodendenkmal gemeldet. Ab 1999 erfolgten weitere Luftaufnahmen, sodass eine vollständige Kartierung ermöglicht wurde. Es stellte sich heraus, dass hier etwas ganz Besonderes gefunden wurde. Unter der Leitung von François Bertemes vom Institut für prähistorische Archäologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wurde 2002 zunächst das Südosttor sowie ein Teil des Außenrings einer sogenannten Kreisgrabenanlage ausgegraben, der aus einem Graben, einem Wall und zwei Palisaden bestand. Unter Teilnahme der regionalen und internationalen Presse wurden diese ersten Ergebnisse als das älteste bekannte Sonnenobservatorium der Welt präsentiert.

Die Anlage wurde schließlich zwischen 2002 und 2004 im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojektes vollständig ausgegraben. Untersuchungen zeigten, dass die Anlage vor 7000 Jahren errichtet worden und der Jungsteinzeit zuzuordnen ist. Funde wie Scherben von Stichbandkeramik, ein Langhaus mit lehmverputzten Flechtwänden und eines Kindergrabes mit zwei Gefäßen, zahlreiche Knochen und Schädel von Rindern und geputzten Menschenknochen lassen vermuten, dass hier Rituale stattgefunden haben oder spezielle Begräbnisse. Die Anordnung der drei Tore bestätigt, dass sich die Menschen schon damals mit den Sonnen-auf- und -untergängen sowie den Jahreszeiten befassten. Die Tore im Südosten und Südwesten markieren den Sonnenaufgang und den Sonnenuntergang zur Wintersonnenwende. Weitere Unterbrechungen in den Palisadenringen markieren den Sonnenverlauf zur Sommersonnenwende.

Im Jahr 2005 wurde die Anlage komplett restauriert und am 21. Dezember 2005, der Tag der Wintersonnenwende, eröffnet. Sie ist ganzjährig frei zugänglich und zu den Sonnenwendtagen im Juni und Dezember ein wahrer Besuchermagnet. An diesen Tagen und nach Vorbestellungen sind Führungen möglich. Im nicht weit entfernten Schloss Goseck ist zudem eine Ausstellung in einem Informationszentrum untergebracht.
Am westlichsten Ende des Burgenlandkreises, in der Nähe der Stadt Nebra, in Wangen, befindet sich ein weiterer Ort, der mit einer einzigartigen Geschichte ebenfalls weltberühmt wurde.
Ein goldfarbenes Gebäude erhebt sich oberhalb des Dorfes weithin sichtbar. Es ist die Arche Nebra. Sie wurde am 20. Juni 2007 eröffnet. Der Grund für den Bau war der Fund der „Himmelsscheibe“, etwa 3,5 Kilometer vom Fundort entfernt.
„Himmelsscheibe“? Diese etwa 3600 Jahre alte Scheibe wurde am 4. Juli 1999 auf dem Mittelberg bei Nebra von Raubgräbern gefunden und bei der Bergung massiv beschädigt. Sie besteht aus einem 1,5 bis 4,5 Millimeter starken Bronzeblech mit ca. 0,2 Millimeter starken aufgelegten Goldblech. Der Fund wurde von den Raubgräbern verkauft und gelangte in den folgenden Jahren in die Hände verschiedener Hehler und Händler. Im Februar 2002 stellte die Basler Polizei in enger Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt, dem Kultusministerium und dem Landesamt für Archäologie Sachsen-Anhalt den Fund sicher. (Vom Fund bis zur Sicherung ist im Buchhandel ein spannendes Buch erhältlich.)

Die Arche Nebra ist kein Museum, sondern ein Informations- und Erlebniszentrum an ihrem Fundort. Die Himmelsscheibe ist die älteste konkrete Darstellung des Kosmos weltweit und somit ein einzigartiges Zeugnis der Menschheitsgeschichte. In der Arche sind weitere Fundstücke zu sehen und in einem digitalen Planetarium wird man in die Bronzezeit zurück versetzt. Das Original der Himmelsscheibe ist im Landesmuseum für Vorgeschichte Sachsen-Anhalt in Halle ausgestellt.
Am Fundort selbst markiert ein „Himmelsauge“ (Scheibe aus poliertem Edelstahl) die Stelle der Grabung. Unmittelbar daneben steht ein markanter Aussichtsturm und ermöglicht den freien Blick zum Horizont.
30 Meter hoch und um zehn Grad geneigt, ist er gestaltet wie der Zeiger einer überdimensionalen Sonnenuhr. Er markiert die Sichtachse zum Harz mit dem Brocken, hinter dem die Sonne am längsten Tag des Jahres zur Sommersonnenwende untergeht.
Der Bedeutung der Himmelsscheibe von Nebra trägt auch ihre Aufnahme in das UNESCO-Dokumentenerbe „Memory of the World“ Rechnung, die im Juni 2013 erfolgte.
Arche Nebra und Sonnenobservatorium Goseck
An der Steinklöbe 16, 06642 Nebra
Tel.: +49 34461 2552-0
E-Mail: info@himmelsscheibe-erleben.de
Öffnungszeiten:
April bis Oktober täglich 10–18 Uhr
November bis März
Dienstag bis Freitag 10 – 16 Uhr
Samstag, Sonntag, Feiertage 10 – 17 Uhr
geschlossen am 24.12.
Das Gelände auf dem Mittelberg und der Aussichtsturm sind jederzeit frei zugänglich.