
Mansfeld-Südharz
FrauenOrte erzählen Geschichte(n) von Frauen, die in Sachsen-Anhalt gelebt und gewirkt haben, ebenso wie von Schauplätzen, die für verschiedene weibliche Lebensbereiche stehen. Erkennbar an einheitlich gestalteten Tafeln, macht das Projekt seit 25 Jahren über 1.000 Jahre Frauengeschichte sichtbar.

Ein Beitrag von
Anke Triller
Auch in Sachsen-Anhalt wurde und wird Geschichte nicht nur von Männern geschrieben. 52 sogenannte FrauenOrte in 37 Städten und Gemeinden von der Altmark bis zum Burgenlandkreis erzählen an authentischen Schauplätzen von spannenden Biografien und vielfältigen weiblichen Lebensbereichen. Sachsen-Anhalt ist zugleich „Mutterland der FrauenOrte“. Hier wurde am 31. Mai 2000 die Zörbiger KiTa „Rotkäppchen“ bundesweit erstmalig mit einer FrauenOrte-Tafel gekennzeichnet. Mittlerweile haben weitere Bundesländer – Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen – diese Projektidee aufgegriffen.

Seit Projektbeginn vor 25 Jahren wurde stetig zur Frauengeschichte weiter geforscht. „Aus den schweigenden Quellen das Sprechen der Frauen wiedererwecken..." formulierte die französische Historikerin Danielle Régnier-Bohler dabei eine der Herausforderungen. Im Gedenkjahr „Gerechtigkeyt.1525!-Thomas Müntzer & 500 Jahre Bauernkrieg“ stehen (nur rollenbedingt?) überwiegend männliche Akteure im Mittelpunkt. Aber auch Frauen und Mädchen haben sich selbstbewusst für ihre Familien, Heimat sowie für Glaubens- und Gewissensfreiheit eingesetzt. So nehmen Publikationen und Vorträge zur Frauenbeteiligung zu – nicht zuletzt dank der überregionalen Bekanntheit prominenter Figuren wie Katharina von Bora, Ehefrau Martin Luthers. So erinnert ein Denkmal am Wittenberger Lutherhaus an „Herrn Käthe“, wie Martin Luther stolz-ironisch seine Gefährtin nannte. Zum 500-jährigen Jubiläum der Bauernaufstände rücken außerdem zwei weitere authentische Akteurinnen aus dem 16. Jahrhundert in den Fokus. In der Mitmachaustellung „1525! Aufstand für Gerechtigkeyt“ in Eisleben sind die Bürgersfrau Elsa Knauth und die Äbtissin Sophia Schafstedt in ein interaktives Rollenspiel eingebunden.
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Das Leben der Ottilie Müntzer
Perspektiven zu wechseln, auf eigene Traditionen zu verweisen und sich mit Klischees über Frauenrollen und Weiblichkeit auseinanderzusetzen – das ist sowohl Herzensangelegenheit als auch ein Stilmittel des Projektes „FrauenOrte“. So auch in Stolberg im Harz, wo sowohl Thomas Müntzer um 1489 als auch 1506 die Gräfin Juliana zu Stolberg und Wernigerode geboren wurden. Das Schloss gehört, dank der Gräfin Juliana als Stammmutter der Oranier, zu den zehn FrauenOrten im Harz. Ob sich Müntzer und die Gräfin jemals begegnet sind, ist allerdings fraglich.
Aber eine andere Adelige, Ottilie von Gersen, spielte nachweislich eine zentrale Rolle in Müntzers Leben. Die aus einem Kloster irgendwo in Mitteldeutschland entlaufene Nonne heiratete 1523 wenige Tage nach Ostern den Prediger Thomas Müntzer in Allstedt. Zu ihrem früheren Leben, der kurzen Ehe sowie ihrem weiteren Weg nach Müntzers Hinrichtung am 27. Mai 1525 bleibt die Quellenlage vage. Aktenkundlich überliefert ist: „In einem an die kurfürstlichen Räte in Weimar gerichteten Brief vom 14. Juni 1525 heißt es, dass Müntzers Geist dermaßen in die Frauen gefahren sei, dass er aus ihnen schwerer auszutreiben sei als aus den Männern“. Das vermerkte die Historikerin Marion Kobelt-Koch im biografisch-bibliografischen Frauen-Lexikonbeitrag zu Ottilie Müntzer.
Geschichtsreise mit Lesung und Würfelspiel
Aufbegehren gegen Armut und Unterdrückung sowie der Kampf für Frieden und Gerechtigkeit regt Menschen bis heute zu eigenen Darstellungsformen an, um die schweigenden Quellen der Frauen zum Sprechen zu bringen. So wurde beispielsweise auf Initiative von FrauenOrte das Werk „Ottilie Müntzer oder die zwei wichtigen Zauber der Welt – eine Lesung für Kinder“ verfasst. Die Uraufführung erfolgte unter Mitwirkung der Autorin Vicki Spindler Anfang 2025 vor Kindern der Grundschule Diemitz/Freiimfelde in Halle (Saale) während eines Kunstworkshops. Parallel dazu entstand für Kinder ab acht Jahren das illustrierte Würfelspiel „Ottilie und die Regenbogenfahne“ zu Lebensstationen der Müntzerin. Die bebilderte Lesung inklusive des gemeinsamen Würfelspiels kann etwa in Grundschulen oder für Familienangebote genutzt werden.
Koordinierungsstelle
Nähere Auskünfte erteilt die Koordinierungsstelle auf Anfrage per E-Mail an: info@frauenorte.net
Mehr Informationen zum vom Land Sachsen-Anhalt geförderten Projekt FrauenOrte gibt es hier: